Die Thüringer Städte und Gemeinden übernehmen Eon Thüringen vollständig in kommunales Eigentum. Die Bürgerinnen und Bürger aus dem Ilm-Kreis entschieden im Ergebnis eines Bürgerentscheid mit 73% (bei 43% Wahlbeteiligung), dass die Abfallwirtschaft künftig durch den Landkreis selbst wieder durchgeführt wird.
Gera kauft mit Unterstützung des Landes die vor einigen Jahren privatisierten Wohnungsbestände wieder zurück.
Bad Salzungen und Bad Tabarz übernehmen wieder Kindergärten von freien Trägern in kommunale Hoheit.
Der Ilm-Kreis kommunalisiert den Öffentlichen Personennahverkehr. Jena kauft von Eon die Stadtwerkeanteile zurück.
Was geschieht da in Thüringen? Weshalb übernehmen die Kommunen Einrichtungen und Unternehmen von Privaten zurück und dies unter den Bedingungen der Marktwirtschaft? Sind die Thüringer Kommunen auf den Weg zurück zu Planwirtschaft mit öffentlichen (volkseigenen) Betrieben? Bei der letzten Frage würden die kommunalen Akteure wohl zurecht protestieren. Stattdessen würden die Akteure auf die Folgen der seit 1990 in den Kommunen vollzogenen Privatisierungen und Übertragungen auf private Träger.
Nicht nur, dass sich durch diese Privatisierungen und Übertragung auf Private die Kosten erhöht haben, auch die Qualität der erbrachten Leistungen, die demokratische Kontrolle und Steuerung sowie Transparenz haben sich erheblich verschlechtert.
Ausschlaggebend für die Rekommunalisierungen war letztlich auch die Wirtschafts- und Finanzkrise 2007 bis 2009. Hier hat sich deutlich gezeigt, dass Private nur bedingt Leistungen kostengünstiger und qualitativ besser anbieten können als die Kommunen selbst. Wenn in Krisenzeiten Gewinne zurückgehen, reagieren die Privaten wie so oft mit Personal- und damit Leistungsabbau und erhöhen die Preise. Die Rekommunalisierung als eine Antwort war nur folgerichtig.
Aber auch eine andere Erkenntnis befördert Rekommunalisierungsprojekte. In den Bereichen, in denen durch kommunale Unternehmen Leistungen angeboten werden und damit auch eine Vielzahl von Eigentumsformen bestehen, wirkt dies immer „beruhigend“ auf den Markt, die Angebote und Preise. Dies zeigt sich im Finanzbereich durch die Sparkassen, im Wohnungsbereich durch die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften oder bei der Energieversorgung durch die Stadtwerke.
Hätte es im Finanzbereich während der Krise 2007 bis 2009 nicht die Sparkassen gegeben, wäre das bundesdeutsche Finanz- und Kreditwesen wesentlich mehr mit Krisenfolgen belastet gewesen. Es waren gerade die Sparkassen, die für Stabilität gesorgt haben.
Auch wenn Rekommunalsierungsprojekte immer auch eine Herausforderung sind, gehören ihnen die Zukunft und stärken die Kommunen.
Frank Kuschel